Zitat
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Abmahnbeantworter: Gratis-Tool wehrt Abmahnschreiben clever ab
Hans-Christian Dirscherl
Mit dem Abmahnbeantworter des CCC erstellen Sie in fünf einfachen Schritten ein Antwortschreiben, das eine ungerechtfertigte Abmahnung zurückweist. Kostenlos. Es gibt aber auch Kritik an dem Tool.
Der Chaos Computer Club hat zusammen mit dem Förderverein freie Netze (Freifunk) den kostenlosen Abmahnbeantworter ins Netz gestellt. Mit ihm können Sie jederzeit ein Antwortschreiben auf ein Ihnen unberechtigt erscheinendes Abmahnschreiben erstellen. Der Chaos Computer Club will damit Internetnutzern Hilfestellung gegen unberechtigte Abmahnung geben und für Waffengleichheit sorgen.
Wichtig: Unterschreiben Sie keinesfalls eine Unterlassungserklärung.
Zielgruppe: Ungerechtfertigt Abgemahnte
Alle Menschen, die ein Abmahnschreiben von einer Rechtsanwaltskanzlei erhalten wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen oder wegen Störerhaftung erhalten.
Vorteil für die Abgemahnten
Die Abgemahnten sparen sich die Kosten für einen eigenen Rechtsanwalt. Denn die Ersteller eines Abmahnschreibens müssen dem Abgemahnten nicht dessen Rechtsanwaltskosten erstatten, sofern es nicht zu einem Gerichtsverfahren kommt, sondern sie die Abmahnung zuvor aufgeben.
Schritt 1: Für offensichtlich einschlägig bekannte Abmahnkanzleieien sind bereits die Kontaktdaten vorhanden.
So funktioniert der Abmahnbeantworter
Gehen Sie auf abmahnbeantworter.ccc.de . Klicken Sie auf „Ja, ich bin sicher“. Wichtig: Falls Sie sich nicht sicher sind, ob die Abmahnung ungerechtfertigt ist, sollten Sie besser sofort einen Rechtsanwalt konsultieren.
Sie müssen fünf Fragen beantworten, um mit dem Abmahnbeantworter ein Antwortschreiben zu erstellen: 1. Wer mahnt ab? (hier stellt der Abmahnbeantworter bereits die Adressen von offensichtlich einschlägig bekannten Abmahnkanzleien zur Verfügung), 2. Aktenzeichen des Abmahnvorgangs samt Fristen, 3. Die Erklärung, warum man nicht der Täter sein kann (hierfür schlägt der Abmahnbeantworter einige plausible Antworten vor), 4. die Begründung, weswegen man kein „Störer“ sein kann und 5. schließlich die Adresse der abgemahnten Person.
Ein von uns mit dem Abmahnberater in wenigen Minuten erstelltes Antwortschreiben auf eine Abmahnung. Alle darin genannten Personen sind frei erfunden.
Drucken Sie das Schreiben aus und schicken Sie es per Post als Einwurf-Einschreiben an die abmahnende Kanzlei. Optional können Sie zur Wahrung der Frist das Schreiben auch vorabfaxen. Ihr Antwortschreiben befindet sich ausschließlich im Browser, Ihre Eingaben werden laut CCC nirgends gespeichert. Das Schreiben ist in einem leicht ironischen Ton gehalten, der bei den abmahnenden Rechtsanwälten sicherlich ein freundliches Lächeln auslösen wird...
Wichtiger Hinweise des CCC: „Nimmt die abmahnende Kanzlei ihre Forderung nicht innerhalb unserer Frist (14 Tage) zurück, steht Ihnen eine gerichtliche Klärung zu. Die Auslagen hierfür können Sie vom Abmahner zurückfordern – im Gegensatz zur ersten Antwort auf die Abmahnung. Dazu gehören auch die Anwaltskosten.“
Der kostenlose Abmahnbeantworter ist ein Projekt des Chaos Computer Club e. V. und des Fördervereins Freie Netzwerke e. V.
In seiner FAQ erklären die Verantwortlichen die Details zum Abmahnbeantworter. Diese FAQ sollten Sie sich durchlesen, bevor Sie den Abmahnbeantworter nutzen.
Streit um Abmahnbeantworter: Tool sei Hoax
Am Abmahnbeantworter haben einige Rechtsanwälte Kritik geübt. Beispielsweise nennt Rechtsanwalt Christian Solmecke einige Punkte, die gegen die Verwendung des Abmahnberaters sprechen sollen. Trotz einiger sachlicher Detailkritik lobt Solmecke beim Abmahnbeantworter aber die „Gute Zielsetzung“ und fährt fort: "Die hinter diesem Abmahnbeantworter stehende Zielsetzung des Chaos Computer Clubs (CIC) ist sehr zu begrüßen.“
Auch Rechtsanwalt Markus Kompa, der nach eigener Aussage dem CCC angehört, kritisiert den Abmahnbeantworter. Doch Kompas' Einschätzung fällt deutlich schärfer aus, er rät „dringend davon ab, das Ding (sic!) zu benutzen.“ So kritisiert Kompa zum Beispiel, dass man auf ein Abmahnschreiben hin nicht unnötig Details verraten solle und den Abmahnern nicht wertvolle Informationen liefern solle. Was sicherlich richtig ist.
Kompa kritisiert zudem, dass eine der vom Abmahnbeanworter genannten Kanzleien, nämlich Schulenburg & Schenk, anscheinend nicht mehr im „Abmahngeschäft“ tätig ist. Insgesamt liest sich die Stellungnahme von Kompa zum Abmahnbeanworter so, als fürchte Kompa um sein Geschäft als Rechtsanwalt, der gegen Abmahnungen vorgeht. Denn er betont in seinem Posting immer wieder, welche Vorteile und Erfolge seine Mandanten, die er gegen Abmahnungen verteidigt, haben würden.
Rechtsanwalt Markus Kompa auf Twitter
Kompas Kritik gewinnt durch einen von ihm verfassten Artikel auf Telepolis.de an Brisanz. Darin bezeichnet er den Abmahnbeantworter als Hoax, auf den nahezu alle Medienvertreter hereingefallen wären. Der Chaos Computer Club habe mit dem Abmahnbeantworter die Medienkompetenz testen wollen.
In den Kommentaren zu dem Telepolis-Artikel üben Leser aber berechtigte Kritik an Kompa: „Was man allerdings wissen muss, ist, dass Herr Kompa selbst als Anwalt Geld damit verdient, gegen Abmahnungen vorzugehen. Sieht er hier etwa drohenden Einkommensverlust? Das würde diesen nicht besonders professionellen Artikel jedenfalls erklären.“ Kompa antwortet darauf mit einem weiteren Posting. Darin relativiert er seinen Hoax-Vorwurf allerdings selbst als „(streitbaren) Tipp“.
PC-WELT fragt beim CCC nach: Stellungnahme des CCC vom 29.9.2016
Wir fragten beim CCC nach, wie man dort zu der Kritik von Kompa stehe und ob der Abmahnbeantworter tatsächlich ein Hoax sei. Dirk Engling, Sprecher Chaos Computer Club, antwortete uns ausführlich; wir bringen die Stellungnahme des CCC in einem langen Auszug:
"Mit dieser Polemik scheint Herr Kompa seine persönliche Kränkung, nicht in dem Projekt eingebunden worden zu sein, auf höchst irritierende Weise zu verdauen.
https://twitter.com/KompaLaw/status/768902972751216640
An anderer Stelle rudert er später auch gleich zurück, räumt ein, in der Materie mangels Fallzahl doch nicht so kompetent zu sein und nennt seinen Text '(streitbaren) Tipp gebe'.
Also nein, der Abmahnbeantworter ist kein Hoax , sondern eine ambitionierte Zusammenarbeit von den Freifunkern und dem CCC, um die Furcht vor einer Abmahnung durch ein durchdachtes Formular zu verringern, mit dem sich jedermann und jedefrau effektiv und kostenfrei wehren können.
Natürlich gefällt das Anwälten, an deren Stuhl der Beantworter ja sägt, nicht. Dazu kommt, dass Herr Kompa eine Privatfehde mit einer der beteiligten Anwälte pflegt und in letzter Zeit häufiger die TP-Kolumne missbraucht, seine juristischen Fähigkeiten in ein sonnigeres Licht zu rücken, wahrscheinlich auf Mandantenfang.
Die Tipps und Hinweise im Beantworter und dessen FAQ wurden über die letzten vier Jahre von den Juristen entwickelt, die bei den Freifunkern zu hunderten mit den Abmahnfällen zu tun hatten, darunter ehrenamtlich für die Freifunker arbeitende Anwälte.
Um nochmal auf die oben angesprochene Furcht zurückzukommen: Mit dem FUD, den Kompa durch seine Polemik streut, ist dem Projekt Hilfe-zur-Selbsthilfe, ob nun durch Abmahnbeantworter oder eigenes Nachlesen, ganz sicher kein Gefallen getan worden. Ich hoffe, dass sich das durch die paar Fälle lohnt, die Kompa da jetzt zugewinnt.
Schade, dass er so rücksichtslos agiert." Zitat Ende.
Stellungnahme von Markus Kompa vom 4.9.2016
Rechtsanwalt Markus Kompa hat seinerseits eine Stellungnahme veröffentlicht, in der er seine Kritik am Abmahnbeantworter verteidigt. Wir bringen sie in einer leicht gekürzten Fassung:
„1. Man kann unterschiedliche Strategien vertreten, wie auf eine Abmahnung am optimalsten reagiert werden sollte.
„Papierkorb“ ist bei Filesharingabmahnungen ausnahmsweise eine sinnvolle Option, denn tatsächlich wird nur ein Bruchteil aller nicht bedienten Abmahnungen eingeklagt. Man sollte daher alles unterlassen, um zu diesen „Lotteriegewinnern“ zu gehören, etwa Informationen preisgeben. Denn Abmahnanwälte suchen sich erfahrungsgemäß aus dem Pool ihrer Abmahnopfer diejenigen aus, über die sie irgendetwas wissen, was die Einschätzung des Falles erleichtert, etwa ob der Adressat überhaupt noch greifbar ist oder Geld hat.
Das Mandatieren eines eigenen Anwalts ist vermutlich ebenfalls hilfreich, weil es dem Abmahner signalisiert, dass er auf juristisch fundierten Widerstand stoßen wird und sich besser einen leichteren Gegner suchen sollte. Nach jahrelanger Branchenerfahrung werden maximal drei Prozent aller professionell verteidigten Mandate zu Klagen, Tendenz wohl sogar sinkend.
2. Die Qualität der Empfehlungen des Abmahnbeantworters ist fragwürdig.
Will man darauf verweisen, Dritten Zugang zum WLAN gewährt zu haben, muss man diese auch namentlich denunzieren sowie alles darlegen, was deren Täterschaft plausibel machen könnte – vulgo: Petzen. Warum man eine solche Datenschleuderei anfangen sollte, wenn man noch nicht einmal verklagt worden ist, leuchtet mir nicht ein.
Textbausteine wie der, man sei im Zeitpunkt des Downloads nicht am Computer gewesen, bringen wenig, denn inzwischen hat sich herumgesprochen, dass Filesharingsoftware keine physische Anwesenheit am Gerät erfordert.
Auch die restlichen Ratschläge sind nicht up to date, siehe etwa die BGH-Entscheidungen „Tauschbörse I-III“ von 2015. Einzig der Hinweis auf Teilnahme beim Freifunk könnte in seinem solchen Fall zielführend sein – was derzeit rechtlich noch unsicher ist.
Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass eine Nutzung des „Abmahnbeantworters“ keine Vorteile bringt, möglicherweise aber dem Abmahner in die Hände spielt.
3. Die rechtlichen Hinweise rund um den Abmahnbantworter sind teilweise unhaltbar.
Die Behauptung, der Gang zum Anwalt würde Filesharer mindestens 150,- € kosten, ist ohne jede Grundlage. Ich habe häufig sogar den kostenlosen Rechtsrat gegeben, die Abmahnung einfach zu ignorieren.
Wenn die Abmahnung aus Gründen des § 97a UrhG unwirksam ist und der Abmahner dies hätte können, kann man sogar die Aufwendungen ersetzt verlangen.
Ebenso wenig ist eine Drohung mit einer negativen Feststellungsklage ein „erster Schritt“ zu einer solchen, denn weder bedarf es hierzu so einer Drohung, noch wird ein erfahrener Anwalt eine solche Drohung durch Privatleute sonderlich ernst nehmen.
4. Es kann politisch durchaus sinnvoll sein, scheinbar juristische Aktionen zu propagieren, auch wenn diese tatsächlich untauglich sind. So war die Beteiligung des CCC an der schon der Form wegen nicht ernst zu nehmenden Strafanzeige gegen die Geheimdienste 2014 für den CCC ein großer Medienerfolg und führte zu einer Eintrittswelle. Der Abmahnbeantworter hingegen ist als politisches Signal sinnlos, richtet aber nach meiner Einschätzung Schaden an. Denn wenn sich ein Filesharer bereits mit einer privaten Einlassung um Kopf und Kragen geredet hat, wird die Verteidigung unnötig schwierig. Gerne würde ich mich irren.
5. Das vom CCC unterstellte kommerzielle Interesse als Motiv meiner fachlichen Kritik sowie die unterstellte 'Privatfehde' ... weise ich zurück."
Zitat Ende.
© http://www.pcwelt.de/news/Abmahnbeantwor...568356&pm_ln=75
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